Babisnauer Pappel - Ramonas Begegnung
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- Kategorie: Kategorie Pappeln
- Veröffentlicht: Mittwoch, 22. Januar 2014 21:06
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Wie das Gemälde entstand ...
Es war mein allererster Besuch bei der Babisnauer Pappel. Gehört hatte ich schon viel von ihr und ich war ehrlich gespannt auf diese Begegnung. Immerhin hatte ich sie schon oft aus der Ferne gesehen, wenn wir mit dem Auto über die Dörfer fuhren. Dieses mal hatten wir sie direkt zum Ziel.
Wir parkten unser Auto und liefen dann den Feldweg zu ihr hinauf. Jetzt im Januar stand sie ohne ihr Blätterkleid nackt und bloß vor uns und dennoch wirkte sie auf mich stark und majestätisch. Da stand ich nun vor ihr und vernahm ihren Gruß „Schön, dass du da bist“.
Etwas irritiert und erschrocken schaute ich mich um. Ich fühlte mich ertappt, ich hatte es einfach vergessen den Baum zu begrüßen. Sie schien meine Gedanken zu hören und ich bekam zur Antwort: „Jeder Baum begrüßt jedes Wesen, aber nicht jedes Wesen begrüßt jeden Baum.“
Langsam ging ich um sie herum, berührte ihren rauen Stamm und sah hoch zu ihrer Krone. Ich sah auch diese Seile und Gurte mit der ihre Äste zusammen gebunden sind, damit sie nicht auseinander brechen, denn sie hat durch einen Blitzschlag eine tiefe Wunde erhalten. Ich sah diesen Ast, der fast wie eine schreibende Hand in den Himmel ragt und lehnte mich dann mit dem Rücken an ihren einladenden Stamm. Es war kalt an diesem Januartag und der Wind pfiff über das freie Feld, aber das spürte ich kaum, denn an meinem Rücken wurde es warm.
Ich schloss meine Augen und fühlte nur noch den Baum. Sie schien zu sagen: „Alles was du denkst, all deine Sorgen und Wünsche kannst du bei mir lassen. Ich werde sie für dich in den Himmel schreiben, so kannst du sie loslassen“. Ich musste lächeln und vor Schreck viel mir nichts ein, was es wert gewesen wäre, sie damit zu behelligen. Sorgen? Ja, diese kleinen Alltagsdinge die doch hin und wieder die Gedanken belasten. Aber waren sie wirklich so wichtig, dass ich den Baum damit belaste? Und Wünsche? Ja, auch Wünsche habe ich viele, doch keiner schien mir so groß, dass ich ihn unbedingt in den Himmel schreiben wollte. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie auch das verstand und ich verabschiedete mich von ihr, ohne ihr meine Sorgen zu übergeben und ohne meine Wünsche bei ihr zu lassen.
Zuhause beim Malen hatte ich dann diese Begegnung immer noch deutlich vor Augen. Ich ließ von meinem Gefühl die Farben wählen. Dieses herrliche Petrol, eine Mischung aus Blau und Grün, was Treue, Hoffnung, Kommunikation und Ehrlichkeit bedeutet. Ich malte dieses Licht, welches ich gesehen hatte, mitten hinter ihrer tiefen Wunde. Ich habe die Seile und Gurte nicht gemalt, um ihren ganzen Stolz zu zeigen und die nach Freiheit strebenden Äste. Wenn ich jetzt in einiger Entfernung etwas rechts neben dem Bild stehe, habe ich einen ganz besonderen Blickwinkel und erkenne in den scheinbar zufällig gesetzten Strichen Gesichter. Eines scheint sich links unter dem Ast an den Stamm zu schmiegen und ein anderes schaut oben rechts aus dem Bild in die Ferne.
So hat die Babisnauer Pappel mir ihre Botschaft übermittelt und ich weiß heute schon, das mein erster Besuch nicht mein letzter bei ihr war.